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Bei Verschlimmerung der Unfallfolgen hat Versicherungsnehmer Recht auf Neubemessung der Invalidität


OLG Frankfurt, Urteil v. 17.06.2009, Az. 7 U 218/08


Tritt eine Verschlimmerung der Unfallfolgen auf, kann der Versicherungsnehmer in der privaten Unfallversicherung eine Neubemessung der Invalidität verlangen. Dieses Recht ist grundsätzlich auf einen Zeitraum von längstens drei Jahren nach Eintritt des Unfalls begrenzt. § 188 VVG n.F. regelt dies nun explizit. 

 

Nach dieser Vorschrift hat der Versicherer den Versicherungsnehmer auch über sein Recht zu unterrichten, den Grad der Invalidität neu bemessen zu lassen. Überdies ist eine Hinweispflicht des Versicherers vorgesehen.

 

Das OLG Frankfurt hatte sich in einer Entscheidung vom 17.06.2009 mit dem Anspruch auf Nachbegutachtung in der privaten Unfallversicherung nach § 9 Abs.3 AUB 99 und damit noch mit älteren AUB zu beschäftigen. 

 

Die Klägerin hatte sich durch einen Unfall im Jahre Winter 2004 eine Verletzung der Schulter zugezogen. Durch eine unfallbedingte Injektionsbehandlung kam es zu einer Funktionsbeeinträchtigung des Gelenks, aufgrund deren die Klägerin bei der beklagten Versicherung Invaliditätsleistungen geltend machte. In der Folge kam es zum Streit über die Höhe der Funktionsbeeinträchtigung. 

 

Mit einem Schreiben aus Dezember 2005 setzte die Beklagte der Klägerin eine sechsmonatige Klagefrist nach § 12 Abs.3 VVG a.F, falls sie einen höheren Leistungsanspruch für gerechtfertigt halte. Im Sommer 2007 verlangte die Klägerin dann ohne nähere Begründung eine ärztliche Neubegutachtung, die die Versicherung mit Hinweis auf die abgelaufene Klagefrist ablehnte. 

 

Die Klägerin erhob daraufhin Klage und verlor in erster Instanz. Der Bewertung des erstinstanzlichen Gerichts widersprach das Oberlandesgericht Frankfurt.

 

Der Klägerin stehe ein Nachbegutachtungsanspruch, bezogen auf den Zeitpunkt drei Jahre nach dem Unfall zu, so das Gericht. Die Klage mit dem Antrag, die Versicherung zu verpflichten, eine fachärztliche Nachuntersuchung durchzuführen, sei zulässig und begründet.

 

Ein Verzicht des Anspruchs auf Nachbesserung sei dem Verhalten der Klägerin nicht zu entnehmen. Der Anspruch auf Neubemessung bei Verschlimmerung der Unfallfolgen sei von § 12 Abs.3 VVG a.F. nicht erfasst. Die Klägerin habe auch das Verlangen auf Neubemessung innerhalb der Frist des § 9 Abs.3 Nr.2 AUB 99 gestellt. Die Versicherungsbedingungen verlangten auch keine Begründungspflicht für das Verlangen.

Hintergrund


Der in diesem Fall vereinbarte § 9 Abs.3 AUB 99 lautete:

 

3.1 Der Grad der Invalidität kann jährlich erneut ärztlich bemessen werden. Die endgültige Bemessung erfolgt jedoch spätestens... drei Jahre nach dem Unfall, bei Beantragung durch Sie,...

 

3.2. Das Verlangen der Neubemessung können Sie bis drei Monate vor Ablauf der Frist nach Nr. 3.1. oder wir anlässlich einer Erklärung über unsere Leistungspflicht nach Nr 1.1 aussprechen.

 

Diesen Kommentar verfasste Rechtsanwalt Jan-Martin Weßels, Hamburg

(Quelle der Entscheidung: VersR 2009, Heft 32, S. 1482 ff)