· 

Wenn bei Berufsunfähigkeit die Rückdeckungsversicherung der Unterstützungskasse nicht der richtige Klagegegner ist...


Wrong Way Verkehrsschild als Synonym für falschen Klagegegner
© Arcady – stock.adobe.com

Bei Berufsunfähigkeit – Urteil des OLG Saarbrücken zur Rückdeckungsversicherung der Unterstützungskasse klärt zur Situation des richtigen Klagegegners auf.


Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrück urteilt: »Den falschen Gegner verklagt«


Das Saarländische Oberlandesgericht Saarbrücken hat zum 10. Juli 2024 ein Urteil (Aktenzeichen: 5 U 96/23) gefällt, welches (nochmals) rechtliche Fragen hinsichtlich der vermeintlichen Ansprüche eines Arbeitnehmers (versicherte Person) gegenüber der Rückdeckungsversicherung der Unterstützungskasse im Falle einer Berufsunfähigkeit klärt.

 

Ich nehme es mal vorweg. Es wurde der Falsche verklagt.

 

Zwar kann es sein, dass die Rückdeckungsversicherung im Falle der Berufsunfähigkeit die Korrespondenz direkt mit dem Arbeitnehmer führt. Davon darf man sich aber nicht täuschen lassen, wenn es an die Suche nach dem richtigen Klagegegner geht, sollten Ansprüche wegen Berufsunfähigkeit abgelehnt worden sein.


Hintergrund des Rechtsstreites - was wurde vor Gericht verhandelt?


Für eine nachvollziehbare Erläuterung ist zunächst eine Betrachtung der Ausgangssituation angebracht: Kläger war ein Arbeitnehmer, der eine Berufsunfähigkeit erlitt und in der Folge Leistungen aus seiner betrieblichen Altersvorsorge einforderte. Diese wiederum hätten durch eine Unterstützungskasse bereitgestellt und durch eine Rückdeckungsversicherung “finanziert” werden müssen.

 

Der behandelte Fall handelt in der Folge darum, wem das Recht zufällt, diese Ansprüche in der Praxis geltend zu machen - dem Arbeitnehmer, der Unterstützungskasse oder einer dritten Partei bzw. wer den notfalls der richtige Klagegegner ist.

 

Zur Beantwortung der Frage sind die Rahmenbedingungen zu berücksichtigen: Die Zusage für die betriebliche Altersvorsorge erhielt der Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber. Damit diese Zusage gesichert ist, wurde durch eine Unterstützungskasse eine Rückdeckungsversicherung bei einem Versicherer vertraglich abgeschlossen. Der Arbeitnehmer/Kläger forderte nun von der Versicherung die jeweiligen Leistungen mit der Begründung der eingetretenen Berufsunfähigkeit ein.

 

Aufgrund der verschiedenen involvierten Parteien und der jeweiligen teils komplexen Versicherungsinstrumente, wurde vor Gericht nun in mehreren Punkten über das jeweils geltende Recht verhandelt.

 


Was ist eine Rückdeckungsversicherung?


Zunächst war zu klären, was die Rückdeckungsversicherung praktisch darstellt: Sie agiert im deutschen Recht nicht als direkter Vertrag zwischen versicherter Person (hier dem Berufsunfähigen) oder dem Arbeitgeber und Versicherer, sondern sie ist für die Unterstützungskasse ein Instrument der Finanzierung der Leistungen.

 

Im rechtlichen Sinne Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherung ist also die Unterstützungskasse, die dadurch zugleich bezugsberechtigt ist - nicht der Arbeitgeber oder Arbeitnehmer.

 

Zitat:

 

„Bei der Altersversorgung über eine Unterstützungskasse (§ 1b Abs. 4 BetrAVG) handelt es sich um einen externen Durchführungsweg. Anders als bei der Direktversicherung (§ 1b Abs. 2 BetrAVG) bestehen hier keine vertraglichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Versicherer; Versicherungsnehmer der Rückdeckungsversicherung ist die mit der Durchführung der Altersversorgung beauftragte Unterstützungskasse, die Arbeitnehmer sind versicherte Personen."

 

(Schneider, in: Prölss/Martin, VVG 31. Aufl., Vor §§ 150-171 Rn. 45; vgl. BAG NZI 2011, 152, 154).“

 


Kein Anspruch des Arbeitnehmers gegen die Rückdeckungsversicherung


 

 

Der Arbeitnehmer wiederum hat dadurch keinen juristischen Anspruch gegenüber der Rückdeckungsversicherung. Seine Ansprüche richten sich nach der Rechtsauslegung vom OLG Saarbrücken primär gegen die Unterstützungskasse, im Falle eines Zahlungsausfalls dieser gegen den Arbeitgeber, der die betriebliche Altersvorsorge vermittelte.

 

Zur Klärung dieser Streitfragen wurden vor Gericht auch auf die streitgegenständlichen Verträge zurückgegriffen: Auch dort wurde schriftlich dargelegt, dass der Arbeitnehmer nicht der Anspruchsberechtigte ist. Ein Bezugsrecht war nicht vereinbart worden.

 

Vertraglich wurde zudem eine Abtretung der Rechte aus dem Vertrag an den Arbeitnehmer ebenso wie eine Klageführung ausgeschlossen.

 

 

Die Entscheidung


  1. Unter Berücksichtigung der Ausgangslage, Hintergründe, eben genannten Streitpunkte und vertraglichen Bedingungen sprach das Gericht dem klagenden Arbeitnehmer, der die Berufsunfähigkeit erlitt, kein Recht zu. Er ist nach Ansicht der Richter nicht befugt, finanzielle Leistungsansprüche gegen den Versicherer geltend zu machen.

  2. Der Arbeitnehmer sei zu keinem Zeitpunkt direkter Vertragspartner der Versicherung gewesen und habe auch zu keinem Zeitpunkt eine Ermächtigung von der Unterstützungskasse zur Prozessführung erhalten. Da die Rückdeckungsversicherung, um die es hier ging, lediglich ein Finanzierungsinstrument für die Unterstützungskasse ist, ergeben sich aus eben dieser Versicherung auch keine Ansprüche aus einer Versicherung “auf fremde Rechnung”.

  3. Das Gericht gestand dem Kläger und Arbeitnehmer zu, dass er durch seine erlittene Berufsunfähigkeit tatsächlich zu einem wirtschaftlichen Schaden gekommen und damit wirtschaftlich direkt betroffen ist. Die entgegenstehende vertragliche Konstruktion, die der Absicherung gegenüber der Berufsunfähigkeit in diesem Fall zu Grunde lag, ließ aber keine andere Entscheidung zu.

  4. Der Arbeitnehmer müsste seine Ansprüche also gegen die Unterstützungskasse, aber nicht gegen den Versicherer richten. Der Versicherer für die Rückdeckungsversicherung tritt lediglich gegenüber der Unterstützungskasse in Haftung, nicht aber in zweiter Reihe gegenüber dem betroffenen Arbeitnehmer. Das Urteil unterstreicht einmal mehr die Bedeutung der jeweiligen vertraglichen Konstruktion, wenn es um eine betriebliche Altersvorsorge und die darin involvierten Parteien geht.